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Stegemann: „Wir wollen Betriebe bis 90 Hektar stärker unterstützen“

Albert Stegemann ist seit diesem Jahr neuer agrarpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Im Interview mit top agrar erklärt er, wie er sich die EU-Agrarreform vorstellt, warum er die Glyphosat-Minimierungsstrategie für richtig hält und wohin er die neuen Züchtungstechniken sortiert.

Lesezeit: 7 Minuten

Albert Stegemann ist seit diesem Jahr neuer agrarpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Im Interview mit top agrar erklärt er, wie er sich die EU-Agrarreform vorstellt, warum er die Glyphosat-Minimierungsstrategie für richtig hält und wohin er die neuen Züchtungstechniken sortiert.


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Sie haben die Position des Agrarsprechers der Unionsfraktion neu übernommen. Vor welchen Herausforderungen sehen Sie die Landwirtschaft in den nächsten vier Jahren stehen?


Stegemann: Die größte Herausforderung ist die Akzeptanz der Landwirtschaft in der Gesellschaft. Das betrifft alle agrarpolitischen Themen. Die Agrarpolitik muss der Landwirtschaft Rahmenbedingungen bieten, um auch selbst für mehr Akzeptanz zu sorgen. Aber es ist auch Aufgabe der Politik, die Bedürfnisse der Gesellschaft mit denen der Landwirtschaft zu versöhnen. Ich freue mich, dass die neue Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner genau das anspricht. Das kann aber nur funktionieren, wenn die Landwirtschaft eine faire Chance hat, sich wettbewerbsfähig aufzustellen. Nur eine wettbewerbsfähige Landwirtschaft kann es schaffen, Fragen des Umweltschutzes und des Tierwohles offensiv anzugehen und dabei zu Lösungen zu kommen.


Glauben Sie, dass mit der Minimierungsstrategie für Glyphosat, die Klöckner im April vorgelegt hat und die den Landwirten den Einsatz ohne Frist weiter erlaubt, ihnen aber auch massive Einschränkungen abverlangt, das erste versöhnende Element ist?


Stegemann: Ja, absolut. Bei Glyphosat hätte man auf Grund der eindeutigen wissenschaftlichen Bewertung gelassener reagieren können. Es ist aus meiner Sicht aber der falsche Weg, die gesellschaftlichen Diskussionen zu ignorieren. Wenn 80 Prozent der Bevölkerung ein Problem mit Glyphosat haben, dann können wir das nicht links liegen lassen. Notwendig sind aber nun praktikable Alternativen im Pflanzenschutz. Dafür brauchen wir mehr personelle Unterstützung in den Zulassungsbehörden, um neue Wirkstoffe schneller verfügbar zu machen. So haben wir es im Koalitionsvertrag auch vereinbart. Auch zukünftig werden wir auf wissenschaftlicher Grundlage entscheiden, wie zum Beispiel bei dem Verbot für die drei Neonikotinoide. Ich gehe deshalb nicht davon aus, dass jedes Jahr ein anderer Wirkstoff für eine politische Kampagne genutzt werden kann.


Im Zusammenhang mit der Ackerbaustrategie bleibt die Diskussion um eine Reduktionsstrategie für alle Pflanzenschutzmittel sicher erhalten. Was sollte aus Ihrer Sicht in die Ackerbaustrategie?


Stegemann: Die Glyphosat Minimierungsstrategie ist bereits ein Teil der Ackerbaustrategie, aber diese geht weiter. Sie fängt für mich bei der bedarfsgerechten Düngung an und damit, wie wir die neue Düngeverordnung umsetzen. Ein entscheidender Punkt ist die Mobilität von Wirtschaftsdünger im Sinne des Grundwasserschutzes aber auch der Bewahrung der bedarfsgerechten Düngung. Die Düngeverordnung ist vor allem ein Thema für flächenarme tierhaltende Betriebe, sie muss aber auch als Chance für Ackerbaubetriebe begriffen werden. So lassen sich Probleme, die wir mit den Nährstoffüberschüssen in intensiven Tierhaltungsregionen haben, besser lösen. Allerdings fängt bei der Ackerbaustrategie der Diskussionsprozess gerade erst an.


Unter der CSU-Leitung stand das Bundeslandwirtschaftsministerium in den vergangenen 12 Jahren bei der Gentechnikpolitik eher auf der Bremse. Bricht das nun CDU-geführte Landwirtschaftsministerium das auf? Vor allem bei der Frage der Einordnung der neuen Züchtungstechniken als Gentechnik oder nicht?


Stegemann: Aus meiner Sicht können die neuen Züchtungstechniken zur Bewältigung von vielen globalen Herausforderungen, etwa Welternährung und Klimawandel, beitragen. Es muss nun auf wissenschaftlicher Grundlage geklärt werden, ob die einzelnen neuen Techniken unter das Gentechnikrecht fallen oder nicht. Das ist meines Erachtens im Falle von Crispr-Cas Züchtungen, die auch unter natürlichen Bedingungen durch Kreuzen oder natürliche Rekombination vorkommen können, nicht der Fall. Wenn auch der Europäische Gerichtshof feststellen sollte, dass es sich hier um keine Modifizierung des Genoms mit fremden Genmaterial und somit nicht um Gentechnik handelt, gehe ich davon aus, dass es an diesem Punkt auch mit der CSU zu einer Verständigung kommen kann. Der Diskussionsprozess läuft aber noch. Am Ende brauchen wir hier einen Konsens.


Der Koalitionsvertrag sieht zusätzlich zum Agrarhaushalt 1,5 Mrd. € für die Bereiche Landwirtschaft und Ländlicher Raum vor. Sie haben sich für einen gezielten Einsatz der Mittel ausgesprochen. Was verstehen Sie darunter, wo werden die Landwirte das merken?


Stegemann: Ein wesentlicher Teil der Mittel soll zur Weiterentwicklung der Tierhaltung verwendet werden. Außerdem sind die Mittel für den Ländlichen Raum vorgesehen. Diese müssen wir nutzen, um den ländlichen Raum für die Menschen die dort leben so attraktiv wie möglich zu gestalten. Unser Ziel ist es, die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in der Stadt und auf dem Land sicherzustellen.


Die Landwirte haben aber Angst, dass die 1,5 Mrd. € in den Ländlichen Raum gehen und sie davon nichts abbekommen. Der wissenschaftliche Beirat für Agrarpolitik hat für den Umbau der Tierhaltung 3 bis 5 Mrd. € veranschlagt. Wieviel bleibt für die Tierhaltung übrig?


Stegemann: Die gesellschaftlich gewünschten Veränderungen in der Tierhaltung können nicht allein aus staatlichen Mitteln finanziert werden. Dies muss über eine Tierwohlkennzeichnung geschehen. Eine Tierwohlkennzeichnung, die auch in der Breite angenommen wird, ist eine große Chance. Bisher haben wir die Situation, dass der Verbraucher sich eine andere Art der Tierhaltung wünscht, er aber nicht bereit ist, dafür zu zahlen. Dies tut er bisher nur im Nischen- und Biobereich. Die staatliche Tierwohlkennzeichnung ist hingegen eine Chance, dem Verbraucher die Möglichkeit zu geben, auch niederschwelliger einzusteigen: Er kann dann konkrete Kaufentscheidungen treffen für ein besseres Platzangebot und für mehr Beschäftigung - so wie es die Initiative Tierwohl vormacht. Mit der staatlichen Tierwohlkennzeichnung wollen wir auf einen wesentlichen Marktanteil kommen und nicht ein neues ‚Bio-Label-light‘ schaffen. Der Tierhalter muss seine Mehrkosten zwingend über den Verbraucher refinanziert bekommen. Nur so können wir die die gewünschte Weiterentwicklung in der Tierhaltung nachhaltig gestalten. Über die rein staatliche Förderung werden wir das nicht schaffen.


Zur EU-Agrarreform 2020 will die EU-Kommission Obergrenzen bei den Direktzahlungen erlauben. Werden Obergrenzen in Deutschland akzeptiert werden?


Stegemann: Aus meiner Sicht sollte es den Mitgliedsstaaten überlassen sein, ob sie eine Kappung oder eine Degression anwenden wollen. Die Kappung sehe ich generell aber kritischer als die Degression. Wenn es zugunsten der kleineren Betriebe zu einer Degression kommt, dann darf dies nicht zu regionalen Verwerfungen führen. Wir wollen kein Geld vom Osten in den Westen transferieren. Klar ist aber auch, dass es in unserer Fraktion den politischen Willen gibt, kleine und mittlere Betriebe, beispielsweise bis 90 Hektar, stärker zu unterstützen.


Es wird weiter intensiv über die Lieferbeziehungen in der Milchwirtschaft diskutiert. Wie können die nun schon lange andauernden Kontroversen zwischen Milchbauern, Genossenschaften und Milchindustrie befriedet werden?


Stegemann: Sicherlich kann man sich über die Neuordnung der Lieferbeziehungen Gedanken machen. Dies allein führt jedoch nicht zu einer höheren Wertschöpfung. Hilfreich wäre eine Innovationsförderung bei neuen Produkten. Insbesondere auf den Exportmärkten lassen sich höhere Margen erzielen. Hier haben uns die Niederländer gezeigt, dass es über diesen Weg zu höheren Verwertungen kommen kann. Ein weiteres Problem ist, dass die Marktsignale zu spät bei den Landwirten ankommen und teilweise zu einem inversen Angebotsverhalten führen. Ziel muss es sein, den Landwirten zu ermöglichen, sich schneller auf Marktbedürfnisse einzustellen. Allerdings halte ich eine staatliche Mengensteuerung für ungeeignet und die aktuelle Diskussion darüber für nicht zielführend.


Das Gespräch führte top agrar Berlin Korrespondentin Stefanie Awater-Esper


Zur Person:


Albert Stegemann ist seit diesem Jahr neuer agrarpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Der 42-Jährige Landwirtschaftsmeister aus der Grafschaft Bentheim im westlichen Niedersachsen gehört dem Bundestag seit 2013 an. Mit knapp 54 Prozent der Erststimmen hatte er bei der Bundestagswahl im September 2017 sein direktes Bundestagsmandat im Wahlkreis Mittelems verteidigt. Stegemann ist zudem geschäftsführender Betriebsleiter eines Milchviehbetriebes mit rund 600 Milchkühen.

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