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Fachbeitrag Dr. Schaaf

Streit um Hänchenstall: Fachgespräch klärt exemplarisch Differenzen

Wie Anfang November 2018 berichtet, gibt es im nordhessischen Landkreis Waldeck-Frankenberg Streit um einen genehmigten Hähnchenmaststall. Nach einer Drohung aus dem Kreishaus hatte der Landwirt seinen Plan beerdigt. Nun haben sich die Vertreter der Landwirtschaftsbehörde und des Landeslabors zusammengesetzt, um exemplarisch eine Lösung zu finden.

Lesezeit: 5 Minuten

Ein Landwirt aus Waldeck (Hessen) hatte das Große BImSchG-Verfahren für einen Stallneubau fast vollständig durchlaufen und den Bauantrag dann auf Druck zurückgezogen. In der Folge entstand zwischen den örtlichen Politikern und den beteiligten Behörden ein Kompetenz- und Auslegungsstreit.

Bei einem Fachgespräch zwischen den hessischen Landesbetrieben Landwirtschaft (LLH) und Landeslabor (LHL) wurden jetzt die Differenzen insbesondere hinsichtlich der Beurteilung der erforderlichen Flächen für eine fachgerechte Wirtschaftsdüngerverwertung exemplarisch erörtert und beigelegt. Dr. Harald Schaaf (LHL) berichtet gegenüber top agrar online von den wesentlichen Ergebnissen. Hier sein Original-Brief:

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Hygiene

Bei Tier und Mensch steigt der Infektionsdruck in Abhängigkeit von der Populationsdichte und der Populationsgröße, was eine im Grunde logische Grundannahme ist. Für Geflügel können vorsorgende Hygienemaßnahmen dadurch am besten erfolgen, wenn im Sinne einer Grundhygiene ein gesundes Stallklima und trockene Haltungsbedingungen gewährleistet sind. Nach dem Auftreten einer Infektion muss nach tierärztlicher Indikation der gesamte Stall behandelt werden und nicht nur manifest erkrankte Tiere.

Flächenbedarf

Nach den gesetzlich geltenden Regeln der Düngeverordnung (DüV) kann der aus der Haltung von rd. 80.000 Masthähnchen resultierende Flächenbedarf zur fachgerechten Wirtschaftsdüngerverwertung errechnet werden. Als Basisgrößen gelten hier die Stickstoff (N)- und Phosphor (P)-Ausscheidungen je Mastplatz und Jahr. So fallen demnach in einem Stall mit rd. 80.000 Masthähnchenplätzen pro Jahr rd. 33.000 kg N und rd. 7.000 kg P an. Auf Grundlage der Festlegungen der DüV, dass je Hektar (ha) und Jahr N-Zufuhren aus Wirtschaftsdüngern auf 170 kg/ha zu begrenzen sind, resultiert hieraus ohne Beachtung von Lagerungs- und Einarbeitungsverlusten ein rechnerischer Flächenbedarf von rd. 194 ha für N und von 233 ha für P bei einem angenommenen P-Bedarf von 30 kg P/ha im Mittel der Fruchtfolgen.

Für die Verwertung des anfallenden Hühnertrockenkots (HTK) kommen zwei verschiedene Verfahren in Betracht, die nun im Einzelnen beschrieben werden:

  • Verwertung als HTK: Die gasförmigen N-Verluste sind nach dem Tabellenwerk der DüV anzurechnen. Es handelt sich hierbei um Verluste in Höhe von 40 %. Entsprechend vermindert sich dann der rechnerische Flächenbedarf auf 116 ha. Schließlich sind noch weitere 10% Ausbringungsverluste in Anrechnung zu bringen.

  • Verwertung als Gärrest: Der anfallende HTK wird im Anschluss an jeden Umtrieb in eine Biogasanlage überführt und dort vergoren. Nach dem Tabellenwerk der DüV sind für die Gärrestverwertung gasförmige N- sowie N-Ausbringungsverluste in Höhe von 15 % anzurechnen. Unter der Voraussetzung einer nährstoffäquivalenten Rückgabe des Gärrestes an den liefernden Mastbetrieb vermindert sich dann der Flächenbedarf auf 165 ha.

Vor dem Hintergrund beider Berechnungen zeigt sich für den geplanten Waldecker Betrieb, dass der vorhandene Flächenpool von rd. 300 ha ausgereicht hätte. Die Zufuhr von 170 kg N/ha und Jahr aus Wirtschaftsdüngern ist als die gesetzliche Obergrenze anzusehen. Das bedeutet allerdings nicht, dass man in seiner Verantwortung als Fachwissenschaftler auch geringere N-Zufuhren aus Wirtschaftsdüngern empfehlen kann.

Dies wird dann notwendig, wenn der Landwirt in einem System einer kombinierten mineralischen und organischen Düngung wirtschaftet. So haben Versuche des LLH in der Tat gezeigt, dass eine gezielte Kombination von Wirtschafts- und Mineraldüngern beste Ertragseffekte aufweist. In diesen Versuchen kamen in Anlehnung an die klassische Stallmistgabe zur Hackfrucht sowohl gepoolte Gaben fruchtfolgebezogen alle drei Jahre als auch niedrigere Gaben jährlich zur Anwendung.

Dabei zeigte sich, dass bei flüssigen organischen Düngemitteln mit niedrigen jährlichen Gaben die besten Ergebnisse zu erzielen waren, während bei festen organischen Düngemitteln gepoolte Gaben alle drei Jahre zur Hackfrucht besonders günstig abschnitten. Bei einer Übertragung dieser Verfahrensweise in die Praxis und in Abhängigkeit vom N-Bedarf der unterschiedlichen Kulturen, steigt dann der nötige Flächenbedarf zur Verwertung der Wirtschaftsdünger entsprechend an.

In der Verantwortung des Landwirtes liegt es zudem, N-Mineralisationsschübe auf mit Wirtschaftsdüngern gedüngten Flächen im Laufe der Jahre richtig einschätzen zu können, um diese gesichert langfristig auch zu vermeiden. Hierzu gibt es ebenfalls Vorgaben in der DüV.

Auch der Verband der landwirtschaftlichen Untersuchungs- und Forschungsanstalten (VDLUFA) hat bereits auf seinem 108. Kongress bereits 1996 (Schriftenreihe Heft 44, S. 16) bei einer regelmäßigen Anwendung organisch-mineralischer Düngemittel zur Priorität Düngewirkung ausgeführt, dass

„- der Nährstoff- bzw. Düngebedarf der Kultur und die rotationsbezogene Nährstoffbilanz die Höhe der Gaben bestimmen.

- die Verwertung (bzw. Anwendung) gemäß DüV nur auf Böden mit nachgewiesenem Nährstoffbe­darf erfolgen kann. In der rotationsbezogenen Nährstoffbilanz sind grundsätzlich die Gesamtfrachten der einzelnen Nährstoffe anzurechnen, um unerwünschte Akkumulationen im Boden zu vermeiden.“

Eine Ausbringung von Hühnertrockenkot (HTK), dem laut Tabellenwerk der DüV höhere N-Verluste

(40% als Stall- und Lagerungsverluste, 10% als Ausbringverluste) anzurechnen sind, ist daher wegen hoher Lachgasemissionen ökologisch nur eingeschränkt vertretbar. Deshalb bietet sich nach dem Ausmisten der Masthähnchenställe eine Vergärung des anfallenden HTK in Biogasanlagen an. Dies hatte der bereits beschriebene Waldecker Betrieb auch so geplant. Die Gärrestausbringung (mittels Schleppschlauch-, Schleppschuh- oder Schlitztechnik) erfolgt zudem genauer als die Ausbringung von HTK mittels Miststreuer. Sie führt auch zu deutlich niedrigeren gasförmigen N-Verlusten. Je nach Flächenausstattung des Biogasanlagenbetreibers bzw. des Geflügelmästers sind aber auch in Einzelfallregelungen gegenseitige Nährstoffabgaben und Nährstoffaufnahmen zwischen benachbarten Landwirtschaftsbetrieben denkbar.

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