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Spekulationen über die Haltbarkeit der Reform der Düngeverordnung

Am Freitag hat der Bundesrat die Novelle der Düngemittelverordnung durchgewinkt. Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt sieht einen ausgewogenen Kompromiss zwischen allen Interessen gefunden. Die Verabschiedung löst jedoch unterschiedliche Einschätzungen zur Haltbarkeit der Reform aus.

Lesezeit: 9 Minuten

Am Freitag hat der Bundesrat die Novelle der Düngemittelverordnung durchgewinkt. Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt sieht einen ausgewogenen Kompromiss zwischen allen Interessen gefunden. Die Verabschiedung löst jedoch unterschiedliche Einschätzungen zur Haltbarkeit der Reform aus.


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„Die Zustimmung zur Düngerverordnung im Bundesrat ist eine gute Nachricht für die Landwirtschaft und für die Umwelt. Es ist gut, dass die Länder zu dem gemeinsamen Kompromiss zurückgefunden haben. Die Landwirtschaft braucht verlässliche Rahmenbedingen“, sagte Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt auf der Agrarministerkonferenz in Hannover. Das neue Düngerecht sehe anspruchsvolle, aber für die Landwirtschaft machbare Regelungen vor. „Uns ist ein ausgewogener Kompromiss zwischen den Umweltinteressen und einer praxistauglichen Lösung für unsere Bauern gelungen. Mit den neuen Regeln stellen wir sicher, dass der Dünger bei den Pflanzen ankommen, aber nicht im Grundwasser“, so Schmidt weiter. Die Düngeverordnung schaffe Planungssicherheit für die Bauern und schütze das Grundwasser.


WLV: Landwirtschaft steht vor großen Herausforderungen


Der Westfälisch-Lippische Landwirtschaftsverband (WLV) begrüßt, dass sich alle Parteien an den zuletzt vereinbarten Kompromiss gehalten haben. Der Verband sieht in den Verschärfungen des Düngerechts zugleich große Herausforderungen für viele landwirtschaftliche Betriebe. Diese zu bewältigen, sei nun die gemeinsame Aufgabe von Landwirten, Politik und Verwaltung. „Es ist erfreulich, dass nach den harten Auseinandersetzungen der letzten Wochen heute alle Akteure den mehrfach infrage gestellten und erst in der letzten Woche wieder in Kraft gesetzten Kompromiss mitgetragen haben. Dass dies möglich war, ist sicherlich auch dem Umstand zu verdanken, dass viele Bauern noch in der letzten Woche durch öffentlichkeitswirksame Aktionen eine weitere Verschärfung verhindert haben. Was wir jetzt brauchen, ist eine pragmatische und kooperative Umsetzung der neuen Vorgaben – zum Schutz des Grundwassers und der Oberflächengewässer, aber auch, um vielen bäuerlichen Familienbetrieben in Westfalen-Lippe eine Perspektive zu erhalten. Diese Arbeit bleibt eine echte Herausforderung“, sagte WLV-Präsident Johannes Röring am Freitag in einer ersten Bewertung der Beschlüsse.


RLV begrüßt Bundesratskompromiss


Auch der Rheinische Landwirtschafts-Verband (RLV) begrüßt, dass die zuletzt von einigen Bundesländern unter Federführung Nordrhein-Westfalens über den Umweltausschuss des Bundesrates geforderten erheblichen Verschärfungen für die Düngepraxis keine Berücksichtigung in der Verordnung gefunden hätten. Mit der neuen Düngeverordnung werden Gewässerschutz und bedarfsgerechte Düngung in Einklang gebracht. Dadurch sei es für die Landwirte auch zukünftig möglich, die Standortpotenziale der fruchtbaren Böden im Rheinland auszuschöpfen, so der RLV. Allerdings müsse bei der folgenden Umsetzung des komplexen Regelwerks darauf geachtet werden, den bürokratischen Aufwand einzugrenzen, so der Verband. Dies gelte insbesondere für die noch zu beratenden landesrechtlichen Regelungen. Der RLV sieht Landwirtschaftsminister Remmel nunmehr gefordert, agrarstrukturelle Belange zu berücksichtigen, wenn es in NRW demnächst an die Umsetzung der Bundesverordnung für nitratsensible Gebiete geht. Nochmals hebt der Verband hervor, dass die Düngeverordnung einen Beitrag für den allgemeinen Gewässerschutz leiste, während für den Bereich des Trinkwasserschutzes besondere Ansprüche gelten. Leider würde aus politischen Erwägungen heraus die Bevölkerung immer wieder verunsichert und ein enger Zusammenhang zur Düngeverordnung hergestellt, so der RLV. Wasserversorger und Landwirte würden in NRW in so genannten Trinkwasserkooperationen eng zusammen arbeiten und stimmten Vorgaben für Düngung und Bewirtschaftung der Flächen ab.


WWF: Neue Düngemittelverordnung löst nicht Deutschlands Nitratmisere


„Mit dieser Düngemittelverordnung bleibt Deutschlands Nitratmisere bestehen. Wir werden recht sicher die Vorgaben der EU-Nitratrichtlinie weiter nicht einhalten, sagt Christoph Heinrich, Vorstand Naturschutz beim WWF. Das Artensterben auf überdüngten Äckern und in belasteten Gewässern werde weitergehen. Die Qualität des Trinkwassers stehe in vielen Gebieten Deutschlands weiter auf dem Spiel, heißt es beim WWF weiter. Für besonders belastete Regionen fehlten Stickstoff-Obergrenzen von maximal 130 Kilogramm Stickstoff pro Hektar und Jahr. Außerdem fordert der WWF die Stromstoffbilanz ab sofort und nicht erst ab 2023. Aus Sicht des WWF bringt der Beschluss der Düngeverordnung den Landwirten keine Planungssicherheit. „Denn die nächste Bundesregierung wird sich mit dem Thema erneut befassen müssen“, prognostiziert der WWF.


SPD: Länder bekommen mehr Spielräume


Mecklenburg-Vorpommerns Landwirtschafts- und Umweltminister Dr. Till Backhaus sowie der agrarpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Dr. Wilhelm Priesmeier äußerten sich erleichtert. „In Anbetracht der EU-Klage gegen Deutschland wegen Verstoßes gegen die EU-Nitratrichtlinie ist ein praxisgerechtes Düngerecht, das die Belange der Landwirtschaft ebenso berücksichtigt wie die der Umwelt, schon lange überfällig“, sagte Backhaus. Die SPD stellt als wesentliche Eckpunkte des neuen Düngerechts folgende drei Punkte heraus:

Bei der Düngebedarfsermittlung sind jetzt auch Gärreste aus Biogasanlagen zu berücksichtigen;

Verlängerung der Zeiträume, in denen keine stickstoffhaltigen Düngemittel aufgebracht werden dürfen;

neue Anforderungen an die Gülleausbringungstechnik, um in erster Linie Ammoniakemissionen in die Umwelt zu reduzieren.


„Ein weiterer Vorteil ist, dass zur Verringerung der Nährstoffeinträge die Länder ermächtigt werden, für besonders nitrat- und phosphatbelastete Gebiete mindestens drei von 14 bundesweit vorgegebenen Maßnahmen zur Nährstoffreduzierung festzulegen. Hier bekommen wir endlich den notwendigen Spielraum, um die natürlichen Standortbedingungen zu berücksichtigen. Eine entsprechende Landesverordnung werden wir unmittelbar nach Inkrafttreten der Düngeverordnung auf den Weg bringen und somit einen zusätzlichen Beitrag zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigungen durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen leisten“, so Backhaus weiter.


Grüne: Habeck sieht in der Reform erst den Anfang


„Damit ist nach Jahren der Diskussion endlich ein erster Schritt gemacht. Aber um unsere Gewässer wirksam zu schützen, kann das erst ein Anfang sein. Nach der Reform ist vor der Reform“, sagte Schleswig-Holsteins Landwirtschaftsminister Robert Habeck. Im Vergleich zum geltenden Recht werde mit der neuen Verordnung ein kleiner Fortschritt erzielt, um die Schäden der Düngung für Gewässer und Umwelt – zum Beispiel Nitrataustrag, Eutrophierung durch Stickstoff und Phosphat, Ammoniakemissionen – zu minimieren und dabei eine ertrags-, qualitäts- und standortgerechte Düngung zu ermöglichen. Es sei erfreulich, dass eigentlich schon 2012 feststehende Ergebnisse und fachliche Änderungsvorschläge nun endlich – nach Drängen der Länder – auch umgesetzt würden. „Wir müssen sehen, ob das Ergebnis ausreicht, damit die Europäische Kommission das Klageverfahren gegen Deutschland wegen Verletzung der EU-Nitratrichtlinie einstellt“, sagte Habeck.


Positive Aspekte aus Sicht von Habeck:


  • Die 170 kg N/ha-Obergrenze (bisher nur für Wirtschaftsdünger tierischer Herkunft) gilt jetzt für alle organischen Düngemittel, also auch für Gärreste pflanzlicher Herkunft, die bislang nicht berücksichtigt wurden.
  • Die Düngebedarfsermittlung muss endlich exakt durchgeführt und genauer und schriftlich dokumentiert werden. Der so ermittelte Stickstoffbedarf für eine Fläche darf nicht überschritten werden (flexible Stickstoff-Obergrenze).
  • Die Bilanzierung der Nährstoffströme wird plausibilisiert, dadurch wird eine deutliche Näherung an die wirklichen Verhältnisse auf den Betrieben ermöglicht.
  • Die Herbstdüngung wird deutlich eingeschränkt. Sie ist nur noch dort zulässig, wo auch ein Bedarf besteht (z.B. bei Raps, Ackergras, Dauergrünland). Zusätzlich wird sie in der Höhe eingegrenzt. Die Überschreitung von Nährstoffsalden hat künftig Konsequenzen: so wird zunächst eine Beratungspflicht ausgelöst, dann sind Sanktionierungen möglich.
  • Bodennahe Ausbringtechniken für Wirtschaftsdünger stehen endlich im Fokus, aber die Übergangszeiten sind zu lang.
  • Mit dem Düngegesetz wurde die Grundlage für die Einführung der Stoffstrombilanzierung geschaffen. Das muss jetzt in einer gesonderten Verordnung bis Ende des Jahres umgesetzt werden. Ebenso ist jetzt die Grundlage gegeben, Daten automatisiert zu erheben und zwischen den beteiligten Behörden auszutauschen.


Negative Aspekte aus Sicht von Habeck:


  • Rote Gebiete: Aufgrund der Kritik der europäischen Kommission an der mangelnden Umsetzung der Nitratrichtlinie in Deutschland hat das Bundeslandwirtschaftsministerium nunmehr zusätzlich die Ausweisung von so genannten „roten Gebieten“ in der Düngeverordnung vorgesehen. Die Länder sollen Gebiete, in denen das Grundwasser besonders mit Nitrat und Oberflächengewässer mit Phosphat belastet sind, per Verordnung festsetzen und müssen dort aus einem Katalog von Maßnahmen mindestens drei anordnen. Diese Vorgehensweise hat aber sowohl für Landwirte wie für Verwaltungsbehörden erhebliche Nachteile, denn unterschiedliche Maßnahmen in unterschiedlichen Kulissen sind nur schwer vermittelbar und kontrollierbar. Zudem ist zu viel Stickstoff nicht nur für Gewässer, sondern auch für andere Umweltgüter schädlich, so dass es auch außerhalb dieser Kulissen Handlungsbedarf gibt. „Ich hätte mir gewünscht, dass der Bund den Mut gehabt hätte, bundesweit strengere umweltverträgliche Anforderungen zu formulieren, dann könnten wir auf den jetzt entstehenden Flickenteppich verzichten. Ausnahmen für besonders umweltschonend wirtschaftende Landwirte wären leichter zu regeln gewesen. Immerhin haben wir es geschafft, bundesweit eindeutige Spielregeln für die Festlegung der sogenannten „Nitratkulissen“ für das Grundwasser durchzusetzen“, so Umweltminister Habeck.
  • Die Übergangsregelungen sind zu großzügig bemessen, z.B. bei der Einführung bodennaher Ausbringtechniken. Die Technik ist vorhanden, andere Mitgliedsstaaten (Niederlande, Dänemark) arbeiten seit über 15 Jahren damit, in Deutschland gibt es eine Übergangsfrist bei Grünland bis 2025. Eine schnellere Umsetzung würde auch Nachbarschaftskonflikte bezüglich Geruch bzw. Gestank verringern.
  • Die Lagerkapazität bleibt ein Engpass: die schleswig-holsteinische Forderung nach einer generellen Lagerkapazität von 9 Monaten (mit Ausnahmen für Betriebe mit hohem Grünlandanteil) hätte zu einer Entspannung bei der Frühjahrsdüngung geführt.
  • Eine verpflichtende Nährstoffuntersuchung für Wirtschaftsdünger („man sollte wissen, was drin ist“) ist zunächst nur in den „roten Gebieten“ umsetzbar.
  • Die Einarbeitung flüssiger organischer Wirtschaftsdünger ist nur in roten Gebieten innerhalb einer Stunde möglich, sonst bleibt es bei der 4-Stunden-Regel, obwohl deutliche Ammoniakemissionen die Folge sind und auch hier ein Vertragsverletzungsverfahren seitens der Kommission vorbereitet wird.
  • Eine Fülle von Detailregelungen wird zu einer erheblichen Zunahme an Verwaltungs- und Kontrollarbeiten ergeben. Dadurch bleiben z.B. bei der Bilanzierung und Verlustanrechnung zu viele Schlupflöcher.

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